Was zum Nachdenken…

Neben uns saßen Kulturbürger. Kulturbürger haben im Grunde keine wirklichen Interessen oder Leidenschaften. Sie sitzen ausdruckslos, devot und ernsthaft im Restaurant, trinken teueren Wein und warten darauf, endlich den Weg auf die kulturelle Schlachtbank zu gehen.

Sie gehen ins Theater oder in die Oper weil das von Kulturbürgern so verlangt wird. Sie strahlen Hörigkeit aus, Hörigkeit den Theatermachern gegenüber, die sie damit begründen, dass der Intendant, der Regisseur oder der Dramaturg ja etwas können muss, wenn man ihn zu dem gemacht hat was er ist. Der eigene Geschmack, das eigene Interesse hat sich der Kunst der Theatermacher unterzuordnen, schließlich wissen die, was Kultur ist.

Ich frage mich, ob ich eine Meinung habe, bevor ich die Meinung Anderer höre oder lese. Würde mir gerne einbilden, dass es so wäre…

Nachtrag:

Unser liebes Stadttheater trägt eine nicht geringe Mitschuld an seiner heutigen Misere. Es hat sich selbst in Misskredit gebracht durch ästhetische Arroganz seinen Besuchern gegenüber. Indem es zu einer Selbstbefriedigungsmaschinerie verkommen ist: das Theater als Onanieranstalt für Regisseure (die nur noch der Programmzettel so nennt) – wer will schon als Zuschauer bei solchen Übungen stören?

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